Tauchen Sie ein in die Welt des Mittelalters

Beginn der Führung

Führungen beginnen in der Regel im Burghof. Von hier  aus eröffnet sich ein Rundblick auf die komplette Anlage, die Kernburg und die Vorburg. Auch der Originalstandort, die Motte auf dem Schlößlesberg ist sichtbar und bietet eine  gute Gelegenheit auf die Geschichte der Bachritterburg einzugehen.

Hinein in den Turm

Vom Burghof gehen wir über die Brücke, steigen über eine schmale Treppe in den Turm auf.

Der Turm ist 15,8 m hoch und komplett in Eichenholz ausgeführt. Gebaut wurde in Eckständerbauweise. 4 Geschosse stehen uns bevor. Wir erfahren einiges über die Stabwandfüllung. Aus Brandschutzgründen und zum Schutz gegen Bodenfeuchtigkeit wurden die Erdgeschossräume mit Lehm verputzt.

1. Obergeschoss

Zuerst sehen wir den wichtigsten Raum des Turmes, die Küche. Sofort fällt die ebenerdige, ummauerte Lehmfläche als Herdstelle mit Funkenschirm ins Auge. Der Besucher kann sich im Feuer machen üben und die komplette Küchenausstattung bewundern. Viele Hinweise gibt es zu den Ernährungsgewohnheiten des Mittelalters, amüsiert nimmt man die Tischzuchten zur Kenntnis.

Die gute Stube

Der 2. Raum im Obergeschoss, die sogenannte "Gute Stube" war der Wohnraum für den Burgherrn und seine Familie. Als einziger beheizbarer Raum im Turm, besticht er durch einen prachtvollen Becherkachelofen, einem Grundofen mit Rauchableitung in die Küche. Der schwere Tisch ist eine Nachbildung des Rathaustisches in Lüneburg. Die Bank und der Sessel sind den Originalen im Kloster Alpirsbach nachgebildet. Das Wasser läuft uns im Munde zusammen: Nach der Erläuterung der Gästebewirtung lernen wir die mittelalterlichen Speisen an Festtagen kennen.

Das 2. Obergeschoß

Im 2. Obergeschoss erwarten uns 2 Schlafkammern, die Ritter- und die Kinderschlafkammer. Das Bett von Burgherr und Dame ist relativ kurz und für aktuelle Nächtigungen sehr unbequem. Kunstvoll gefertigt ist der "Almer" eine Vorform eines Schrankes. Ansonsten finden wir hier, wie auch in anderen Räumen, die Frontstollentruhen zur Aufbewahrung der Kleider. Kinder stürzen sich auf die Ausstattung eines Ritters. Bewundert werden Schwert, Schild, Lanze und vor allem das Kettenhemd mit Haube. Schnell in das Kettenhemd geschlüpft, der Papa schießt ein Erinnerungsfoto.

Die Kinderkammer lässt uns staunen. 3-5 Kinder in einem Bett, war der Normalfall. Doch was ist das? Der Bettrost aus Haselnußstecken und im Bett ein Leinen-Strohsack. Stolz sind wir auf unsere selbst gefertigte Einbaumtruhe. In ihr sind Kinderkleider und Spielsachen gehortet. Die Führerin entnimmt ihrem Korb Spielsachen von damals und zeigt ein Holzpüppchen, Holzkugeln, eine Rasselpuppe, Kruseler Puppen, ein Tonpferdchen und einen Holzkreisel.

 

Das Wehrgeschoss

Im Wehrgeschoss angekommen, sieht man sehr deutlich die Eckständerbauweise. Kräftige Eckständer laufen von der Schwelle bis zum Dach in einem Stück durch. Bewundern können wir  das Sparrendach aus senkrechten Ständerbalken, waagrechten Dachbalken und Kehlbalken. Der Walm dient als Aussteifung und stützt über die Schräge ab.

Aus Haltbarkeitsgründen ist das Dach mit Eichenschindeln gedeckt. Wir ziehen an einem Seilzugladen und haben eine wunderbare Aussicht, sowohl auf die Burg, als auch aufs Dorf.

 

....und jetzt die Vorburg

Zurück im Burghof, setzen wir unseren Rundgang fort. Die zwei großen Gebäude, Wirtschaftshof und Scheune sind Nachbauten landwirtschaftlicher Bauten im Kraichgau (erste Hälfte des 15. Jahrhunderts). Im Gegensatz zum Turm standen uns hier keine archäologischen Befunde zur Verfügung. Dr. Uhl konnte jedoch auf bauhistorische Forschungsergebnisse zurückgreifen.  Beide Gebäude sind mit Schilf gedeckt.

Das Wohnstallhaus

Gehen wir zuerst in das dreigeteilte Wohnstallhaus (Wohnteil, Stall, Scheune). Die Fachwerkkonstruktion aus Eichenholz zeigt uns die klassische Firstständerbauweise (Schwelle bis First durchlaufende Firstständer). Ebenso klassisch für diese Zeit war der jeweilige Wandaufbau mit Weiden durchzogenen Staken und einem Lehmverputz.

Die Bauernküche

Über eine hohe Schwelle gelangen wir in die Küche mit einem gemauerten Herd. Der Raum ist bis zum First offen. Über der kniehohen Herdstelle wirbelte der heiße Rauch unter dem Funkenschirm und zog dann langsam über das Strohdach ab. An Rauchstangen über der Feuerstelle räucherte man Fleisch und Fisch. Die bäuerliche Ernährung war karg, es gab selten Fleisch. Üblich waren vor allem Getreidebreie, so Hirsebrei mit Speck oder Äpfeln, Brennts Muas mit Sauerkraut, Habermuas, dicke Suppen und Eintöpfe mit Linsen, Bohnen und Erbsen. Als Gemüse gab es im bäuerlichen Haushalt viele Rüben- und Krautarten aus dem Garten, im Winter vorwiegend Sauerkraut. Rechts neben der Herdstelle ist das Ofenloch für den Stuben-Becherkachelofen.

Die Bauernstube

Selbst gefertigte, einfache, aber zweckmäßige Eichenbänke finden wir hier vor. Der Tisch ist eine Platte auf Böcken. Ins Auge sticht der Becherkachelofen. Auf dem stehen statt Nuppengläsern Holzdaubenbecher aus Tannenholz. Gegessen hat die bäuerliche Familie von Holztellern, aber auch gemeinsam direkt aus Topf oder Holzschüssel. Über dem Kachelofen hängt zur Trocknung eine Bauerngewandung. Hinter der Bauernstube ist eine schlichte bäuerliche Schlafkammer. Abgestellt ist ein Badezuber für das monatliche Bad. Burgherr, Frau, Kinder und das Gesinde durften "ausbaden".

Der Rinderstall und die Scheuer

Wir wechseln den Gebäudeteil und werfen einen kurzen Blick in den Rinderstall. Die Rinderstände sind relativ kurz, da die Tiere kleiner als heute waren. Die Güllerinne ist nicht historisch korrekt, erfüllt aber baurechtliche Vorschriften. Das Heu erhielten die Rinder über Futterluken in Holzbahren.

Der anschließende Scheuerteil ist Heu- und Strohlager bis unters Dach. An den Wänden werden landwirtschaftliche Werkzeuge wie Sichel, Dreschflegel, Sense, Räppeleisen und einiges mehr präsentiert. Die ausgestellte Wippdrehbank ist als Modell einer Abbildung von 1251 nachgebaut. Das dreiteilige Scheunentor eignete sich zum Einfahren mit beladenem Wagen.

Das Gesamtgebäude wird abgerundet durch einen Schopfanbau. Er ist ein einfacher Bretterschuppen, eine Remise für Fuhrwerke und Pferdegeschirr.

Die Scheune

Inzwischen hat uns unser Rundgang schon etwas Anstrengung abverlangt. Wie gut, dass wir jetzt in der "Scheune" sind. Wir können einkehren, denn wir sind in der Burgschänke angelangt. Dieser Firstständerbau ohne Zwischendecke (nur über der Tenne ist ein kleiner Zwischenboden) war ehemals Pferdestall mit Scheuerteil.  Beachtlich sind die filigranen Balkenverbindungen im gesamten Gebäudeteil. Notwendig war ein moderner sanitärer Anbau mit Gästetoiletten.

Ein abschließender Rundblick

Wir stehen zum Schluß nochmals im Burghof und staunen über weitere Objekte.

Da ist doch tatsächlich ein Latrinehäuschen für menschliche Bedürfnisse. Der herzförmige Ausschnitt zum Luftaustausch ist so nachgewiesen. Daneben die Dunglege, ein Misthaufen für Fäkalien von Tieren im Stall.

 

Wir drehen uns und stehen vor dem Getreidespeicher. Bemerkenswert ist hier das Dach mit großformatigen, flachen Biberschwanzziegeln. Diese Doppeldeckung ist seit dem 12. Jahrhundert auch von Holzburgen bekannt. Im Oberteil ist der Kornspeicher wichtiges Lagergebäude für Brot und Saatgetreide. Im Untergeschoss ist ein kühler Lagerraum (Lehmboden) für Essig- Most- und Weinfässer. Angebaut ist das Kassenhäuschen, gleichzeitig Kiosk.

 

Wenden wir uns nochmals gen Osten und treten unserem Burggärtlein näher. Es wurde nach Vorlage rheinischer Burggärten im 15. Jahrhundert angelegt. Bestückt wurde es mit dort nachgewiesenen Pflanzen und ergänzt mit Pflanzen aus der Gartenliste von Karl dem Großen. Beraten wurden wir auch durch Mitarbeiter der Universität Hohenheim.

 

Neben dem Burggarten betreten wir die frei erdachte Fachwerkkonstruktion in der Zimmermannstechnik Ende des 14. Jahrhunderts. Bretterverkleidung und Fichte-Bretterdach wurden nach bildlichen Darstellungen vom 13. Jahrhundert. bzw. real existenten alpenländischen Dächern hergestellt.

 

Ausgestattet ist dieses Gebäude mit Schmiedeesse auf gemauertem Sockel, gleichzeitig Feuerstelle und einem Kuppelbackofen. Dieser Bereich ist weitgehend der Museumspädagogik vorbehalten. Die Feuerstelle wird dabei zum Kochen bei Ganztagesprojekten benutzt.

Umschlossen wird unsere Anlage durch Postenpalisaden mit Weidenflechtwerk. Ein weiteres Sicherungselement sind die Wassergräben, die bei Turmhügelburgen historisch belegt sind.

 

Wir beschließen unseren kurzen Rundgang und hoffen, dass wir Sie ermuntern konnten uns bald zu besuchen - es lohnt sich!

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© GEMEINDE KANZACH